Lohntransparenz in den Stellenanzeigen der BLS

Die BLS überzeugt seit Jahren mit ihrem Arbeitgeberauftritt. Dafür und vor allem auch für ihre tollen Ideen mit dem spielerischen Vorteilsfinder oder den Ambassadoren heimsen sie schon seit Jahren viele Bewerbersympathien ein. Jetzt geben Sie mit den wohl präzisesten Lohnangaben der Schweiz Gas. Und nehmen es dabei ganz genau. 

 

Die Personalerinnen und Personaler der BLS schaffen es wie nur wenige Unternehmen, die Bedürfnisse ihrer künftigen Bewerberinnen und Bewerber in den Mittelpunkt zu stellen. Kein Wunder, sind sie schon länger Branchensieger bei Best Recruiters. Warum? Zum Beispiel wegen dem Textcharme, gut zu sehen bei der Beschreibung des Bewerbungsablaufs. Oder wegen den superinformativen Stelleninseraten. Und die sind ein gutes Beispiel dafür, was das HR-Team der BLS auszeichnet: Immer noch einen Tick besser werden.

Das Abschätzen, wie es bei einem Jobwechsel mit dem Lohn aussieht, ist ein legitimes Informationsbedürfnis der Menschen. Und ein grosses. Und eines, das man landauf, landab geflissentlich negiert. Warum? Vielleicht, um seinem Unternehmen durch den Wissensvorsprung im Lohnpoker (mehr dazu und zu einem schweizweiten Lohnburkaverbot gibt es in meiner Schatztruhe) einen Vorteil einzuräumen? Fies! Dabei liegen die Vorteile auf der Hand.

Intransparente Systeme begünstigen Diskriminierung. Zum Beispiel von Frauen. Für mich unverständlich, ja fast schon skandalös, dass gerade die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber in der Frage der Lohntransparenz genauso im Tiefschlaf sind wie die Gewerkschaften als Arbeitgeber. So wirbt die Unia zum Beispiel in ihren Stelleninseraten mit einer «leistungsgerechten Entlohnung». Hammer! Wer hätte das gedacht?

Doch zurück zur BLS. Das Berner Transportunternehmen schliesst eine der wenigen Informationslücken in ihrem Arbeitgeberauftritt und geht vorbildlich unverkrampft mit dem Lohn um. Ja, warum denn auch nicht?

Intern sind alle Einstufungen – alle! – transparent. Und damit sind auch die Löhne aller Mitarbeitenden in etwa nachvollziehbar. Und für alle externen Interessentinnen sind die Löhne neu bereits in den Stelleninseraten einschätzbar. Und das mit dem in dieser Form einmaligen Lohnrechner sogar ziemlich genau!

Das funktioniert denkbar einfach: Direkt im Stelleninserat das Wunschpensum eingeben: 80%, 90% oder 100%, auch das garantiert die BLS. Kein langes bittibätti um das Pensum wie anderswo, wo über grossartige Teilzeitmöglichkeiten in den Broschüren geschrieben wird, aber nichts davon in den Jobinseraten ankommt.

Also, Wunschpensum eingeben und das Alter, und schwupps, erhält man in Sekundenschnelle eine erstaunlich präzise Lohnangabe, wie das nachstehende Beispiel zeigt.

 

Jahrgang – wie hier an meinem Beispiel 😉 – wählen und Wunschpensum. Und schon zeigt es das Lohnspektrum an.

 

Bei etwas reiferen Jahrgängen ist auch der Lohnrange entsprechend höher, in diesem Beispiel um rund 5000 Franken:

 

Eine coole Sache, oder?! Aber am Besten probieren Sie es hier einfach einmal selber aus.

 

Das sagen die Projektleiterinnen

Hinter diesem zauberhaften Vorgehen steckt viel Frauenpower: Projektleiterin Corinne Moser ist schon seit längerer Zeit treibende Kraft hinter dem Employer Branding und Personalmarketing der BLS. Ihre Kollegin Renate Krähenbühl ist Expertin Compensation und massgeblich an der Realisierung der Lohntransparenz beteiligt. Ich habe den beiden Powerfrauen auf den Zahn gefühlt:

 

100 Tage Erfahrung mit Lohntransparenz in den Stelleninseraten: Eure erste Bilanz?

Corinne Moser: «Die Bewerber/innen scheinen Freude zu haben. Das ist das wichtigste, denn für sie haben wir für Lohntransparenz im Stelleninserat gekämpft. Intern scheint der Prozess bei der Stellenausschreibung weitgehend akzeptiert zu sein und die am Prozess beteiligten Personen kommen mit dem Handling klar. Bei schwierigen Rekrutierungen fliegt manchmal die Angst mit, dass uns Bewerber/innen entgehen, die wir vielleicht im Gespräch mit Jobinhalt, Team und Persönlichkeit überzeugt hätten.»

 

Wie reagieren die Bewerberinnen und Bewerber?

Corinne Moser: «Wir haben extra bei unseren Kandidatinnen und Kandidaten nachgefragt. 96% der Befragten bestätigen auf Anfrage, dass die Lohntransparenz für sie im Stelleninserat ein grosses oder zumindest kleines Bedürfnis ist. Einige schätzen die Lohnangabe als Orientierungshilfe und wirksames Mittel gegen unangenehme Situationen im Interview. Die einen nutzen die Information für die Vorbereitung auf ein Interview, andere erhalten Gewissheit, dass sich eine Bewerbung überhaupt lohnt. 75% teilen mit, dass die Lohnbandbreite genau richtig ist. Knapp 80% sagen, dass die Höhe des angegebenen Lohnes aber nicht entscheidendes Kriterium war, sich bei der BLS zu bewerben. Es gibt aber auch Bewerber/innen, die den Lohnrechner nicht registriert und keinen Nutzen daraus gezogen haben. Oder Bewerber/innen, welche die Lohnangaben nicht für verbindlich genommen haben, sondern mehr im Sinne eines Benchmarks wie ihn Plattformen wie Xing, lohncheck.ch, lohnrechner.ch oder so anbieten.»

 

Ihr seid auch intern transparent, was die Löhne betrifft?

Renate Krähenbühl: «Ja. Denn die Löhne im Stelleninserat sind nur eine konsequente Weiterführung der Lohntransparenz, welche wir im Sommer 2019 intern geschaffen haben: Wir haben alle Aufgaben und Anforderungen unserer rund 700 Funktionen beschrieben. Zudem wurde die Einstufung der Funktionen überprüft. Das Resultat wurde in Form eines Funktionskatalogs intern veröffentlicht. Jede Mitarbeiterin / jeder Mitarbeiter hat Zugang zu diesem Katalog. In Zusammenhang mit unserem sehr klaren Lohnsystem führt das zu einer Lohntransparenz über Funktionen (nicht über Personen).»

 

Ihr schränkt sogar die Lohnspanne im Inserat ein – ist das technisch aufwändig?

Renate Krähenbühl: «Die klare Lohnsystematik für alle Funktionen im GAV ist eine ausgezeichnete Grundlage für die technische Umsetzung des Lohnrechners: Jede Funktion hat dank der Einstufung bereits ein Preisschild. Dieses wird in Abhängigkeit von Alter und Erfahrung konkretisiert. Und so war die technische Umsetzung ein Kinderspiel. Oder sagen wir: Es war nicht die grösste Herausforderung bei unserem Vorhaben.»

 

Sondern?

Renate Krähenbühl: «Das Thema Geld – und noch extremer das Thema Lohn – scheint immer noch viele Tabus zu kennen. So waren auch die Diskussionen in Bezug auf unser Vorhaben „Lohntransparenz im Stelleninserat“ nicht nur von sachlichen Argumenten geprägt, sondern auch von der persönlichen Einstellung zu diesem Thema. Also auch viel Bauchgefühl. Hier haben sich die intensiven Diskussionen gelohnt. Und auch das Quäntchen Mut, es zu wagen, obwohl im Vorfeld nicht alle Zweifel ausgeräumt werden konnten.»

 

Warum macht Ihr das?

Corinne Moser: «Wir beschäftigen uns intensiv damit, welche Bedürfnisse Bewerber/innen haben. Bis jetzt konnten wir sehr viele dieser Bedürfnisse befriedigen, indem wir unsere Stelleninserate und den gesamten Bewerbungsprozess konsequent darauf ausgerichtet haben. Unerfüllt blieb bisher der Wunsch nach Lohntransparenz. Mit der internen Offenlegung des Funktionskataloges haben wir die Grundlage geschaffen, auch extern für Lohntransparenz zu sorgen. Zudem sind wir überzeugt, dass Lohntransparenz ein wirksames Mittel für Lohngleichheit zwischen Frau und Mann ist. Also ein weiterer wichtiger Motivationspunkt, dieses Thema voranzutreiben.»

 

Beeinflusst die Lohntransparenz im Stelleninserat die Wahrnehmung der BLS als Arbeitgeberin?

Corinne Moser: «Wir können uns als fortschrittliche Arbeitgeberin positionieren. Das zeigen Aussagen von Bewerber/innen: Sie schätzen uns (auch) wegen der Lohntransparenz als sympathisch, offen, vertrauenswürdig, seriös, modern, fortschrittlich, ehrlich, transparent, effizient, innovativ ein. Allesamt O-Töne aus den Feedbacks, die wir erhalten haben.»

 

Noch mehr Vorreiter

Wie sagte es doch Renate Krähenbühl treffend: «Es brauchte auch ein Quäntchen Mut, es zu wagen, obwohl im Vorfeld nicht alle Zweifel ausgeräumt werden konnten.» Das nenne ich Frechmut oder auch Personalmarketing mit gesundem Menschenverstand. Mehr zum Abschauen schöne Vorzeigebeispiele in Sachen Lohnangaben liefern auch die Bedag Informatik, die Verkehrsbetriebe Zürich oder das Kinderspital Zürich. Und bald auch Sie?!

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